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Milliardär und Fernschach-Weltmeister

Der niederländische Sponsor Joop van Oosterom überzeugt selbst am Brett

von FM Hartmut Metz, 14. Mai 2005

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   Als Joop van Oosterom im März wieder die Weltelite zu dem nach seiner Tochter benannten Amber-Schnellschachturnier einlud, war der Milliardär erstmals der Spieler mit dem höchsten Titel vor Ort: Der Holländer hatte vorzeitig das Finale der 18. Fernschach-Weltmeisterschaft mit acht Siegen und sechs Remis gewonnen. Der 67-Jährige, der mit einem Vermögen von geschätzten 1,1 Milliarden Euro zu den reichsten Niederländern zählt, wird durch den Erfolg in der nächsten Fernschach-Weltrangliste mit 2.773 Elo-Punkten eine neue Bestmarke aufstellen.

   Joop van Oosterom macht kein Hehl daraus, dass er bei seinen Fernschach-Turnieren, bei denen die Züge per Post oder per E-Mail versandt werden, die Hilfe befreundeter Topspieler in Anspruch nimmt. Asse wie der Inder Viswanathan Anand, der diesmal alle Kategorien bei dem Schnellschachturnier in Monaco gewann, geben dem generösen Holländer auch mal einen Tipp. Und selbst der im Fernschach inzwischen übliche Computer-Einsatz sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass van Oosterom selbst über eine beachtliche Spielstärke verfügt. Dies bewies er bereits vor 50 Jahren: Bei der Jugend-WM 1955 in Antwerpen belegte der Junge aus Hilversum unter 24 Teilnehmern den siebten Platz. Den Titel gewann der spätere russische Herren-Weltmeister Boris Spasski, der Ungar Lajos Portisch wurde Vierter.

    Der prinzipientreue Geschäftsmann (ein Bekannter: "Bei Joop weiß man immer, woran man ist: Ein Ja bedeutet ja und nein ist nein.") verdiente sich seinen Reichtum mit der 1966 gegründeten Firma Volmac. Mit dem Verkauf seiner Anteile an dem Pionier der Informationstechnologie stieg der vieljährige Schachsponsor 1988 in den niederländischen Geldadel auf. Nachstehend eine Gewinnpartie aus dem WM-Finale. In dieser schlug van Oosterom einen der fünf qualifizierten Deutschen, Manfred Nimtz.

 










Oosterom, Joop J.van (2725) - Nimtz, Manfred (2634) [B80]
18. Fernschach-WM ICCF, 01.06.2003

1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le3 e6 7.f3 b5 8.g4 h6 9.Dd2 Sbd7 10.0-0-0 Lb7 11.h4 b4 12.Sa4 Da5 13.b3 Tc8 14.Tg1 Sc5 15.g5 hxg5 16.hxg5 Sfd7 17.g6 Beide Seiten verfolgen konsequent ihren Plan: Weiß versucht den König in der Mitte bloß zu legen, Schwarz trachtet nach demselben am Damenflügel von Weiß. 17...f5?! Vorsichtiger ist im Nachhinein [17...f6 ] 18.Kb1! Der ruhige Königszug leitet eine brillante Idee ein. 18...Sxa4 19.bxa4 Dxa4 [19...Sc5 20.Sb3 Sxb3 21.axb3 fxe4 22.fxe4 Lxe4 23.Ld3 Lxd3 24.Dxd3 und Weiß steht ungeachtet des Minusbauern wegen des Pfahls g6 im schwarzen Fleisch besser.] 20.Sxe6 Se5 21.Tg3! Sxf3 22.Txf3 Lxe4 23.Lc5!! [23.Sd4 Ld5 24.Lc4 (24.Sb3 Lxf3 ) 24...Lxc4 25.Sb3 sieht normal aus, verspricht jedoch Oosterom nicht viel. Der Läuferzug ist umso bemerkenswerter, weil Computer ihn lange für schwach halten. Erst nach und nach erkennen auch die Elektronenhirne die brillante Idee dahinter.] 23...Lxf3 24.Te1 Le4 25.Ld3 Dc6 [25...Lxd3 26.Dxd3 Le7 (26...dxc5 27.Sc7# ) 27.Dxf5 und die schwarze Stellung bricht wie ein Kartenhaus zusammen.] 26.Lxe4 fxe4 27.Df4 Le7 [27...Kd7 hilft nichts: 28.Df5 Db7 29.Sxf8+ Kc7 30.Txe4 Kb8 31.Sd7+ Ka8 32.Sb6+ Kb8 33.Lxd6+ ] 28.Td1 Lf6 [28...Kd7 29.Txd6+! Dxd6 (29...Lxd6 30.Df7+ Le7 31.Dxe7# ) 30.Lxd6 Lf6 31.Le5 Kxe6 32.Lxf6 gxf6 33.Dxe4+ Kd7 und Weiß gewinnt dank des starken Freibauern auf der g-Linie und der schwachen schwarzen Bauern, die leicht eingesammelt werden können. ] 29.Sxg7+ Lxg7 30.Df7+ Kd8 31.Dxg7 Dxc5 32.Dxh8+ Kc7 33.g7! Kb7 34.Dh2 Tg8 35.Dh7 Dc4 36.Dg6 Tc8 37.Dg2 De6 38.Tf1 Oosterom bleibt am Drücker und droht nun Tf8 nebst Umwandlung des Bauern. 38...Dd5 39.Te1 [39.Tf8? Dd1+ 40.Kb2 Dd4+ 41.Kc1 Da1+ 42.Kd2 Dd4+ 43.Ke1 De3+ 44.Kd1 (44.Kf1 Dc1+ 45.Kf2 Txc2+ 46.Kg3 Dg5+ ) 44...Dd4+ mit Dauerschach. (44...Tc4 45.Tf2 Td4+ 46.Td2 Txd2+ 47.Dxd2 Dg1+ 48.Ke2 Dxg7 49.Dxb4+ Kc7 50.Dxe4= ) ] 39...Te8 40.Dg6 Tg8 41.Txe4 a5 42.Dg2 Dc6 43.Tg4! Präzise spielt der Anziehende die Partie zu Ende. Hier hat Oosterom gewiss schon den klaren Gewinnweg ausbaldowert gehabt, weshalb er auf das ebenfalls mögliche [43.Te7+ Kb6 44.Dg1+ Dc5 45.Dd1 a4 verzichtete, bei dem Nimtz noch kämpfen kann.] 43...Dxg2 44.Txg2 Kc6 45.Kc1 Kd5 46.Kd2 Ke4 47.Tg1 d5 48.Tg2 Kf3 49.Tg6 Der Gegner wird austempiert. Weil der Turm auf g8 keine Wartezüge hat, wird der schwarze Monarch immer weiter zurückgedrängt. Nimtz gab deshalb wegen einer möglichen Zugfolge wie [49.Tg6 Ke4 50.Tg1 Kd4 51.Tg4+ Kc5 52.Kd3 a4 53.Tg6 Kb5 54.Kd4 Ka5 55.Kxd5 Kb5 56.Tg5 Kb6 (56...Td8+ 57.Ke4+ Kc4 58.g8D+ Txg8 59.Txg8 Kc3 60.Tc8+ Kb2 61.Tc4 Kxa2 62.Txb4 a3 63.Kd4 Ka1 64.Kc3 a2 65.Tg4 Kb1 66.Tg1# ) 57.Kc4 b3 58.cxb3 axb3 59.axb3 auf.] 1-0

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